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Persönlichkeitstest in der Personalauswahl: Die besten Fragebögen

Persönlichkeitstest

Der Persönlichkeitstest wird in der Personalauswahl eingesetzt, um Erkenntnisse über die persönliche Eignung eines Bewerbers zu gewinnen. Obwohl es eine Vielzahl an Persönlichkeitsverfahren auf dem Markt gibt, sind viele Instrumente nicht für die Auswahl von Personal geeignet. Bei der Auswahl eines geeigneten Persönlichkeitsfragebogen sollte man die wissenschaftlichen Hauptkriterien beachten. Was genau bei der richtigen Auswahl zu beachten ist, welche Persönlichkeitsfragebögen aus wissenschaftlicher Sicht geeignet sind sowie die Vorteile und Nachteile von Persönlichkeitstests werden in diesem Artikel erläutert.

Persönlichkeitstest

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Autor: Leon Pobuda

Position: Personalpsychologe

Aktualisiert: 18.09.2021

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Definition Persönlichkeitstest

Bei einem Persönlichkeitstest handelt es sich um ein psychologisches Testverfahren, welches zur Erfassung von stabilen (bzw. dispositionellen) Persönlichkeitseigenschaften eingesetzt wird. Obwohl Persönlichkeitsfragebögen einheitlich die Persönlichkeit messen, unterscheiden sich viele Testverfahren hinsichtlich der zugrundeliegenden Persönlichkeitstheorie (z.B. Eigenschaftstheorie oder Typenlehre).

Generell arbeiten Persönlichkeitstest nach dem Prinzip der Selbstbeschreibung arbeiten. Dementsprechend muss der Proband sein eigenes Verhalten, seine Interessen und Werte reflektieren und vor diesem Hintergrund die Fragen beantworten. Einige wenige Verfahren erfassen zusätzlich auch das Fremdbild der Person, indem sie z.B. Arbeitskollegen, Kunden oder Vorgesetzte um eine Beschreibung des Probanden bitten.

Durchführung eines Persönlichkeitstests

Ein Persönlichkeitstest findet immer unter standardisierten Bedingungen statt. Zu Beginn der Durchführung von einem Persönlichkeitsfragebogen erhält der Proband zunächst eine (schriftliche) Instruktion. Anschließend beginnt die eigentliche Bearbeitung des Fragebogens. Hierbei muss der Proband Items bzw. Aussagen auf einer mehrstufigen Skala bewerten. Zum Beispiel können Aussagen wie „Ich stehe gerne im Mittelpunkt.“ auf einer 5-stufigen Likert-Skala bewertet werden. Hierbei stehen folgende Antwortoptionen zur Verfügung: Stimme völlig zu, Stimme zu, Stimme weder zu noch zu, Stimme nicht zu, Stimme überhaupt nicht zu. Bei der Beantwortung der Items ist es wichtig, dass die Aussagen wahrheitsgemäß bewertet werden, um einer Verzerrung vorzubeugen.

Wofür werden Persönlichkeitstests eingesetzt?

Ein Persönlichkeitstest wird eingesetzt, um diagnostische Entscheidungen treffen zu können oder um wissenschaftliche Erkenntnisse, im Rahmen einer Untersuchung zu gewinnen. Einsatzgebiete sind zum Beispiel die Klinische Psychologie, Personalauswahl und -entwicklung oder die psychologische Grundlagenforschung.

Persönlichkeitstest in der Klinischen Psychologie

In der Klinischen Psychologie werden Akzentuierungen oder Störungen der Persönlichkeit mithilfe eines Persönlichkeitstests erfasst. Zusätzlich besteht die Möglichkeit anhand der Ergebnisse therapeutische Interventionen besser auf die Persönlichkeit des Klienten abzustimmen. Außerdem kann ein Persönlichkeitsfragebogen eingesetzt werden, um den Erfolg einer therapeutischen Intervention zu messen (z.B. Sind die gewünschten Verbesserungen eingetreten?).

Persönlichkeitstest in der Personalauswahl

Wenn ein Arbeitgeber einen neuen Mitarbeiter sucht, besteht die Aufgabe darin den am besten geeigneten Bewerber auszuwählen. Hierfür wird ein Persönlichkeitsfragebogen eingesetzt, um Erkenntnisse über die persönliche Eignung eines Bewerbers zu gewinnen. Wissenschaftliche Untersuchungen ermöglichen diesbezüglich Rückschlüsse vom Ergebnis des Fragebogens auf die zukünftige Arbeitsleistung.

Arten von Persönlichkeitstests

Es gibt unterschiedliche Arten von Persönlichkeitstests. So wird zwischen psychometrischen und projektiven Verfahren sowie zwischen direkten und indirekten Tests unterschieden:

Psychometrische Tests vs. Projektive Tests

Psychometrische Tests sind überwiegend Fragebögen, mittels derer Persönlichkeitseigenschaften eines Probanden mit den durchschnittlichen Werten einer Normstichprobe verglichen werden. Je nach Ausführung unterscheidet sich ein projektiver Test dahingehend, dass der Proband schwach strukturiertes Reizmaterial deuten oder Material produzieren muss. Anhand der Deutung bzw. dem erstellten Material werden dann Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Probanden gefolgert. Da projektive Tests die wissenschaftlichen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität nur sehr eingeschränkt erfüllen, steht diese Art von Persönlichkeitstests in der Kritik und ist nur in Ausnahmen zu empfehlen.

Direkte vs. indirekte Persönlichkeitstests

Weiterhin wird zwischen direkten und indirekten Persönlichkeitstests unterschieden. Direkte Persönlichkeitstests stellen einen unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang zu den Testanforderungen her. Beispielsweise gehören Selbstbeurteilungen zu den direkten Persönlichkeitstests. Bei einem indirekten (objektiver) Persönlichkeitstest ist die Verbindung zwischen der Anforderung des Tests und dem gemessenen Persönlichkeitsmerkmal schwer zu erkennen. Um zum Beispiel die Frustrationstoleranz zu messen, wird der Proband gebeten die Länge von Linien zu schätzen. Anschließend erhält der Proband eine Rückmeldung, ob seine Einschätzung richtig oder falsch ist. Dabei ist das Feedback unabhängig von der tatsächlichen Richtigkeit.

Wie wähle ich den richtigen Persönlichkeitstest aus?

Für die Auswahl von einem Persönlichkeitstest für die Personalauswahl sind folgende Kriterien relevant:

  • Theoretischer Hintergrund
  • Wissenschaftliche Fundiertheit
  • Vorhandene Normen (die verwendete Vergleichspopulation) und
  • Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil

Neben dem theoretischen Hintergrund, auf dem im nächsten Abschnitt etwas genauer eingegangen wird, muss der Fragebogen wissenschaftlich fundiert sein. Hierfür muss das Verfahren den psychologischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität entsprechen. Daneben muss das Verfahren an einer ausreichend großen und der Zielgruppe entsprechenden Vergleichspopulation (mindestens 500) durchgeführt worden sein, um das Ergebnis des Bewerbers vergleichen zu können. Außerdem muss der Persönlichkeitsfragebogen die geforderten Eigenschaften (z.B. Durchsetzungsfähigkeit oder Stressresistenz) aus dem Anforderungsprofil messen.

Theoretischer Hintergrund von Persönlichkeitstests

Die unzähligen Persönlichkeitsverfahren, die es auf dem Markt gibt, unterscheiden sich hinsichtlich der zugrundeliegenden Theorien bzw. Modelle. Generell sollten diese Theorien oder Modelle und deren wissenschaftliche Aussagekraft kritisch reflektiert werden. Ein Persönlichkeitsfragebogen, der nicht auf einem wissenschaftlich fundierten Hintergrund basiert, sollte keines Falls zum Einsatz kommen.

Viele Persönlichkeitsfragebögen (z.B. MBTI, das DISG Persönlichkeitsprofil, Insights Discovery, Thomas System und Insights MDI) basieren auf der Persönlichkeitstypologie von Carl Gustav Jung oder auf der Theorie „Emotions of Normal People“ von Marston. Beide Typologien sind über 80 Jahre alt und empirisch nicht bestätigt. Beispielsweise kommt der Berufsverbands deutscher PsychologInnen in einem Gutachten über den Insights MDI zu dem Schluss, dass dieser „auf theoretisch veralteten und wissenschaftlich ungesicherten Modellen [basiert]. Von seinem Einsatz bei Personalauswahl und -entwicklung, Coaching und Training muss daher abgeraten werden.“

Als wissenschaftlich anerkanntes Modell gelten die Big 5 (oder auch Fünf-Faktoren-Modell, FFM). Die Big Five wurden durch eine Vielzahl von Studien belegt und sind heutzutage international als das universelle Standardmodell in der Persönlichkeitsforschung anzusehen. Innerhalb der letzten zwanzig Jahre wurden die Big 5 in über 3.000 wissenschaftlichen Studien verwendet. Persönlichkeitsfragebögen, die auf den Big 5 basieren sind zum Beispiel der 16-PF oder der BIP.

Wissenschaftliche Eignung von Persönlichkeitstests

In der folgenden Tabelle geben wir einen Überblick über standardisierte Persönlichkeitsfragebögen, die im Handel erhältlich sind und die allgemeinen Persönlichkeitsmerkmale erfassen. Dabei orientiert sich die Bewertung an den Ergebnissen von Brähler et al. (2002):

TestObjektivitätReliabilitätValiditätNormen
Bochumer Inventar zu berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung, BIP (Hossiep et al., 1998)JaJaJaJa
Deutsche Personality Research Form, PRF (Stumpf et al., 1985)JaJaJaJa
Freiburger Persönlichkeitsinventar, FPI-R (Fahrenberg et al., 2001)JaJaJaJa
Inventar zur Persönlichkeitsdiagnostik in Situationen, IPS (Schaarschmidt et al., 1999)JaJaJaJa
NEO-Fünf-Faktoren-Inventar, NEO-FFI (Borkenau et al., 1993)JaJaJaNein
16-Persönlichkeits-Faktoren-Test, 16 PF-R (Schneewind et al., 1998)jaJaJaja

Vor- und Nachteile von Persönlichkeitstests

VorteileNachteile
1. Ökonomie1. Relativ aufwändige Neuentwicklung
2. Hohe Objektivität2. Oft mangelhaft belegte Validität
3. Hohe Reliabilität3. Gefahr einer unreflektierten Auswahl

Vorteile von Persönlichkeitstests

Der Einsatz von Persönlichkeitstests ist ökonomisch. Die Kosten sind relativ gering. Jedoch ist zu bedenken, dass computergestützte Persönlichkeitsfragebögen teurer sind als papiergestützte Verfahren. Dafür bieten computergestützte Verfahren eine automatische Auswertung an. Dies erweist sich vor allem als Vorteil, wenn größere Gruppen untersucht werden, wie z. B. bei der Vorauswahl von Bewerbern.

Persönlichkeitsfragebögen besitzen eine hohe Objektivität. Bei einem psychologisch geprüften Persönlichkeitsfragebogen sind Durchführung, Auswertung und Interpretation vollständig standardisiert. 

In der Regel sind bei standardisierten Persönlichkeitsfragebögen detaillierte Angaben zur Reliabilität (Genauigkeit) zu finden, die sich mindestens im akzeptablen Bereich befinden. Infolgedessen ist mit einer geringen Messfehleranfälligkeit bei der Durchführung zu rechnen

Nachteile von Persönlichkeitstests

Für Unternehmen ist es nachteilig, wenn sich kein geeigneter Persönlichkeitsfragebogen auf dem Markt befindet. Denn eine Neuentwicklung von einem Persönlichkeitsfragebogen ist vergleichsweise zeitaufwändig, kostspielig und kann nur von geeigneten Fachpersonen (z. B. Psychologen) durchgeführt werden. Zeitgleich bietet die Neuentwicklung die Möglichkeit auf ein individuell zugeschnittenen und daher leistungsfähigeren Persönlichkeitsfragebogen.

Oftmals leiden Persönlichkeitsfragebögen unter einer mangelhaft belegten Validität (Gültigkeit). Zwar belegen Studien oftmals, dass die gemessenen Persönlichkeitseigenschaften dieselben Eigenschaften wie in einem anderen Persönlichkeitsfragebogen messen (innere kriterienbezogene Validität), jedoch sind diese Informationen für den eigenen Anwendungskontext oftmals nicht hilfreich. Hilfreiche Informationen bezüglich der Vorhersagbarkeit (z.B. der Arbeitszufriedenheit oder Arbeitsleistung) für eine bestimmte Zielgruppe (z.B. Ärzte) sind sehr selten. Dementsprechend sollte man eine eigene entsprechende Validierungsstudie im eigenen Unternehmen durchführen.

Persönlichkeitsfragebögen gibt es wie Sand am Meer. So entsteht der Eindruck man könne jeden beliebigen Fragebogen nehmen. Es gibt sehr viele unseriöse Testverfahren, die keine Angaben bezüglich der Gütekriterien (Objektivität, Reliabilität und Validität) machen. Dementsprechend können bei solchen Verfahren keine Aussagen über die allgemeine Messqualität sowie über die spezifische Eignung für den vorliegenden Anwendungsfall abgeleitet werden. Daher sollten solche Verfahren am besten gemieden werden. Besser ist es, wenn man anhand der Anforderungsanalyse ableitet welche Persönlichkeitseigenschaften gemessen werden sollen, sich dann auf die Suche nach bereits existierenden Skalen macht und anhand der Gütekriterien entscheidet, welches Verfahren am besten geeignet ist.

Leon Pobuda

Geschäftsführer von Approbatio
Personalpsychologe (M.Sc.)

Herr Pobuda studierte in Göttingen Psychologie mit den Schwerpunkten Personalpsychologie und Gesundheits- und Sportpsychologie. Innerhalb seiner wissenschaftlichen Arbeit erforscht er das Führungsverhalten von Ärzten. Hauptberuflich ist Herr Pobuda Geschäftsführer der Personalberatung für Ärzte „Approbatio“.